Der weiße Sport, wie er auf dem Grünen Rasen, auf Hartplätzen, auf Teppichböden oder dem roten Sandplatz genannt wird, bringt eine tiefe Geschichte mit sich. Doch warum wird dieser Sport so genannt, und wie sich das mediale Verhältnis zur weißen Farbe verändert hat, lest Ihr im folgenden Beitrag.
Historisch
Geschichtlich hat Tennis seinen Ursprung trotz Wimbledon und all den „Klassikern“ nicht in England. Franzosen waren die Ersten, die den Sport tatsächlich als Erstes, auch wenn in anderer Form, erfunden haben. Tennis war und ist immer schon ein Rückschlagspiel gewesen, mit oder ohne Ball. Der Begriff Tennis leitet sich daher vom französischen „tenez“ ab. Tenez bedeutet so viel wie „halten“.
Zu Beginn spielte man ohne Tennisschläger. Das Racket war schlichtweg die Hand. Die Spielweise nannte man „cache“ (lat.fangen/jagen). Als Bälle dienten Lederbälle oder Korkbälle. Das Spiel breitete sich bis Ende des 15. Jahrhundertes weiter bis nach Schottland aus – was Andy Murray sicherlich gefiel. Da es bis 1495 immer noch mit der Handfläche (teilweise mit Handtüchern und ähnlichen Gegenständen) gespielt wurde, nannte man es auch Jeu de Paume (Spiel mit der Handfläche).
Der Tennisplatz war zu dieser Zeit augfrund des Platzmangels, ein Kloster!
Nach den Mönchen wurde das Spiel „Tennis“ auch beim Adel sowie bei den „normalen“ Bürgern immer beliebter. Daher waren Plätze mit festem und einigermaßen ebenen Untergrund wie Kirchenhöfe oder eigens angelegte Ballplätze und Ballspielhäuser beliebte Orte für das Spiel. Die Ballhäuser zeichneten sich durch ebenen, sprungfreudigen Bodenbelag aus und hatten meist dunkle Wände. Aus Kontrastgründen waren die Spieler daher meist weiß gekleidet. Daher kommt auch die Bezeichnung des Weißen Sports für Tennis. Dank der später aufkommenden Leder-, Woll- und Gummibälle verbesserte sich das Sprungverhalten, sodass auch auf schlechteren aber festen Untergründen im Freien gespielt werden konnte (Vgl: Nic und webblog).
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts entstanden bereits erste Tennisvereine, deren Mitglieder Zugang zu diesen gefragten Spielflächen hatten. 1464 wurde in Brügge (Belgien) das erste Tennisturnier mit zwei verschiedenen Mannschaften ausgetragen. Auch dort wurde um Preisgeld gespielt.
Jeu de Paume des 15 und 16.Jahrhunderts
Nun wird Tennis überwiegend mit Tennisschlägern (aus Holz und erst später mit Pergament oder mit diagonaler Darmsaiten-Bespannung) gespielt und verbreitet sich zusehends sowohl regional, sowie durch alle Bevölkerungsschichten. Tennis wurde zum Volkssport und zahlreiche Tennisplätze, Tennishallen im Rahmen der damaligen Verhältnisse entstehen. Auch in Universitäten wie Oxford und Cambridge werden Ballhäuser zum Tennis errichtet. Sowohl die Ballqualität als auch die Schlägerqualität entwickeln sich laufend weiter und sind sehr unterschiedlich. Selbst die besseren Lederbälle sind mit Wolle, Sand etc. gefüllt, was mitunter für die Spieler gefährlich bis tödlich war. Ende des 16. Jahrhunderts war Frankreich führend in der Ballherstellung und überzog die Bälle mit weißem Tuch. Bis ins 19. Jahrhundert waren die Tennisbälle, wie wir sie heute kennen, auch noch aus weißem Filz. Es gab sogar eine eigene Zunft, deren Meister sich in der Ball- und Schlägerherstellung verstehen, die Platzpflege beherrschen und sogar selbst zwei professionelle Spieler bezwingen musste
Sprung ins 19. Jahrhundert
Wer auf Wimbledon gewartet hat, nun ist es so weit.1877 richtete der All England Croquet and Lawn Tennis Club das erste bedeutende Tennisturnier auf Rasen aus. Die Bälle sind mit weißem Flanell umhüllt und die Regeln sind den heutigen schon sehr nahe. Ab 1884 spielen übrigens auch Damen in Wimbledon. Lange weiße Kleider und Schuhe mit hohen Absätzen waren damals üblich. Bei den Herren spielte man auch in weißen langen Hosen und Hemden. Tennis galt bis in die 80er Jahre als elitär.
Tennis Socken ein Spiegelbild des weißen Sports
Ein Einschub mit dem wohl die wenigsten gerechnet haben. Doch Tennissocken haben es der weißen Farbe zu verdanken, dass Sie nun weltweit populär sind. Von Außenstehenden belächelt, von Tennisspielern geliebt. Tennissocken sind, vor allem in Weiß, Kult – man begegnet Ihnen auf Skihütten, Faschingsbällen etc.
Tennis mit Dresscode und Sahne
Der Rasen ist heilig, Erdbeer mit Sahne das Grundnahrungsmittel. 90 % der Kleidung müssen bei den SpielerInnen so weiß wie die Kreide-Linien sein. Nicht bei allen, den das Turnier zog so manchen einige Nerven. Im weiteren Verlauf finden Sie einige „Nice-facts“ zum heiligen Turnier (natürlich inklusive Kleidung).
Kleiderordnung besagt
Nur wenig bunte Stoffe, keine knalligen Farben, Pastellfarben werden bevorzugt, die Rückseite des Shirts sollte komplett weiß sein, Hosen und Röcke sollten komplett weiß sein, andere Accessoires sollten weiß sein.
2015
Eugenie Bouchard wurde aufgrund eines dunklen BH`s von der Schiedsrichterin verwarnt.
2017
Blitzte bei Bouchards Erstrunden-Aus kein schwarzer BH, sondern ein weißer unter Ihrem Shirt hervor. Die Regelhüter mussten diesmal nicht einschreiten – und hatten auch keinen Anstoß daran, dass bei jedem Schlag das durchtrainierte Bäuchlein der Spielerin hervorlugte.
Provokant
Bethanie Mattek-Sands spielte einst mit weißen Kniestrümpfen. Seit dort, sah man keine Strümpfe mehr.
Federer spricht
Die „All white“-Regelung bezeichnete der siebenmalige Sieger Roger Federer als „ziemlich extrem“, „kleine Schande“, die ihn an die 50er-Jahre erinnerte. Er erinnert sich: „Von der Zeit, als ich auf die Tour kam und Tennis im Fernsehen sah, habe ich noch die Bilder von Stefan Edberg, Boris Becker und all diesen Jungs im Kopf, die mehr Farbe zeigen durften. Das waren ikonische T-Shirts und auch ikonische Momente.“
Erneut Federer
Er wurde ermahnt, weil er Schuhe mit Sohlen in Orange trug. Danach trug er komplett weiße und verlor sein Zweitrunden-Match gegen Stachowski.
Barbara Strycova berichtet
„Es ist sehr seltsam, wenn mir jemand unter den Rock schauen will, um zu sehen, ob ich auch weiße Unterhosen trage.“ Auch ihre Kollegin Caroline Wozniacki aus Dänemark findet das „ziemlich unheimlich“.
Der Mythos ganz in Weiß. Schöne Sache, doch meiner Meinung übertreiben die Verantwortlichen den alljährlichen Wahnsinn. Wir leben in einer Generation, in der Gottseidank, dass Spielen wertvoller als die Farbe ist. Des Weiteren finde ich Wimbledon, trotz aller Aufmerksamkeit, Tradition, Erfolgen…usw., als das langweiligste Grand-Slam Turnier für den Zuseher.
Live Action?
Dennoch erlaubt Wimbledon beinahe jedem Zuseher das „Live-Erlebnis“. Für Frühaufsteher gibt es im Londoner Stadtteil meist Tickets an den Tageskassen, davor gleicht das noble Turnier eher „untypisch“ einem Festival. Eine coole Sache für jung Leute, die für einen London Trip planen. Nur ein paar Gehminuten von der Anlage entfernt, gibt es einen eigenen Campingplatz – dort angekommen ist man umhüllt von Fans, Musik und jeder Menge Bier.
Text von Lorenz Feierle (ETA Social Media)