Wer kennt es nicht? Das Phänomen, was den Unterschied zwischen Training und Wettkampf ausmacht… Gelingt es uns doch häufig nicht, im Match das umzusetzen, was im letzten Training noch so wunderbar geklappt hat. Wir starten hochmotiviert in ein Match, doch was passiert, wenn uns nicht wirklich viel gelingt? Welche Gedanken kommen auf?
Das innere Navigationssystem
ETA Blogartikel Juli 2018 von Alex Berghaus
„Heute ist einfach nicht mein Tag!“
„Mir fehlt komplett die Sicherheit!“
„Im Training klappt es immer und im Match klappt es nie!“
Wem sind diese Sätze geläufig? Und wir alle wissen, wie es zumeist endet… Wir beginnen eine komplett neue Technik zu entwickeln, dann folgen relativ schnell die ersten Selbstgespräche und ab dem Zeitpunkt geht es ziemlich schnell abwärts!
Schön und Gut, aber eine Lösung haben wir deshalb trotzdem noch nicht… oder doch?
Die Einstellung mit welcher ich den Platz betrete ist matchentscheidend. Jeder Tag ist anders, wie fühle ich mich heute? Wie hoch ist meine physische und wie hoch meine mentale Motivation (Skala 1-10). Lenke deine Gedanken in eine förderliche Richtung. Erinnerungen an eine gute Spielsituation in einem Match helfen dir dabei.
„Was“ und „Wozu“ statt „Wie“
Drei einfache Fragen, mit deren Hilfe ich ganz bewusst mein Match in die richtigen Bahnen lenken kann. Was wäre wohl die häufigste Frage, die sich ein Tennisspieler während eines Matches stellt? In meinem Fall: „Wie kann ich mein eigenes Spiel aufziehen?“ Die Frage nach dem „Wie“ war bei mir als Spieler meist dominant. Wer kann sich damit identifizieren? Aber vielleicht haben Sie die selben Erfahrungen gemacht, wie ich… Das „Wie“ bringt mich meist nicht weiter! Was dürfen wir uns also stattdessen überlegen?
„Was will ich erreichen?“ und „Wozu will ich genau das erreichen?“
Was kommt in Ihnen für eine Vorstellung auf, wenn Sie sich diese Fragen stellen? Wie könnten uns diese Fragen auf dem Fragen auf dem Platz behilflich sein? Die Frage nach dem „Was“ und „Wozu“ hilft uns zunächst einmal eine klare Zielvorstellung aufzubauen. Wir wissen also, wo es hingehen soll.
Welche Möglichkeiten haben wir also um ein Match zu unseren Gunsten zu beeinflussen? Welche Faktoren können uns behilflich sein? Die drei Säulen sind Technik, Taktik und Mentale Stärke. Welche dieser Säulen beschäftigen uns meist? Welche dieser drei Säulen kann ich am ehesten in der jeweiligen Situation fokussieren? Was will ich erreichen und bewirken? Beantworten Sie sich einmal diese Fragen vor Ihrem nächsten Match.
Was braucht es nun, um ein klares Ziel, einen klaren Plan zu formulieren? Ich brauche einmal das „Was“ und ich brauche das „wozu“.
„Was will ich erreichen und wozu will ich genau das erreichen?“
Auf dem Tennisplatz würde das für mich heißen:
„Ich möchte lange Bälle spielen um meinen Gegner nach hinten treiben zu können!“
Beobachten Sie einmal, was passiert wenn Sie in ihrem nächsten Match ein klares Ziel verfolgen. Beobachten Sie einmal Ihre Motivation, ihren Fokus, ihre Konzentration und ihre Körpersprache!
Tennis und Navigationssystem
Mit dieser Überschrift werden die meisten wahrscheinlich eher wenig assoziieren. Aber ist es nicht so, dass unser Körper sehr ähnlich funktioniert wie ein Navigationssystem?
Was mache ich, damit das Navigationssystem funktioniert und mich ans Ziel führt? In mein Navigationssystem gebe ich das Ziel ein und dann führt es mich zuverlässig an mein Ziel. Warum? Weil ich darauf vertraue, dass die Technik des Systems funktioniert. Über das Wie muss ich mir in dem Moment keine Gedanken machen. Genauso ist es auch auf dem Tennisplatz! Ich brauche ein festes Ziel, auf welches sich der Körper einstellen kann und ab da vertraue ich darauf, dass mich mein Körper, meine Bewegungsabläufe, meine Technik an das anvisierte Ziel führt.
Das mag auf den ersten Blick erstmal träumerisch klingen, aber sind wir einmal ehrlich, den Grundstein muss ich selbstverständlich im Training legen. Dafür ist das Training da. Ich stabilisiere meine Technik um im Match darauf vertrauen zu können. Um dieses Vertrauen aufbauen zu können, sollte ich allerdings im Vorfeld ein paar Aspekte beachten…
Matchvorbereitung
Wenn Sie ein wichtiges Gespräch oder einen wichtigen Termin vor sich haben, was machen sie zuvor? Wie schaut Ihre Vorbereitung aus? Achten Sie darauf, dass jedes Detail stimmt, damit Sie einen möglichst guten Eindruck hinterlassen? Was machen Sie bevor Sie auf den Tennisplatz gehen? Bereiten Sie sich genauso akribisch vor?
Eine gute Vorbereitung im Vorfeld kann helfen, dass der Kopf frei ist für das Match und ich keine ablenkenden Gedanken im Kopf habe. Die Rede ist nicht von stundenlanger Vorbereitung, sondern einfach einige Kleinigkeiten, die uns das Match bereits deutlich erleichtern können.
Ein wirklich simpler Punkt ist zunächst einmal das Packen meiner Tennisausrüstung. Brad Gilbert hat es in seinem Buch „Winning Ugly“ sehr schön beschrieben. Haben Sie es einmal erlebt, dass Sie sich im Match über die schlechte Besaitung, das rutschige Griffband, den Ersatzschläger oder ähnliches geärgert haben? All diese Dinge hindern mich daran mich auf mein Match zu konzentrieren, können aber mit akribischer Vorbereitung ganz leicht vermieden werden.
Punkt eins auf unserer Liste wäre somit: Tennistasche mit allen für mich wichtigen Materialien packen!
Danach kommen wir bereits zu dem, meiner Ansicht nach wichtigsten Punkt: der Zieleingabe in mein Tennis-Navigationssystem. Das ist absolute Grundlage für mein Match, sozusagen mein persönlicher Matchplan. Dabei muss ich mir eigentlich nur zwei Dinge überlegen… Was will ich erreichen? Wozu will ich genau das erreichen? Es fällt mir natürlich leichter, wenn ich meinen Gegner und dessen Stärken und Schwächen kenne, aber selbst bei unbekannten Gegner hilft mir mein Matchplan immens weiter um zielstrebig und fokussiert ins Match zu starten.
Abgesehen von der taktischen Komponente hilft mir mein Matchplan, mein Fokus bereits beim Einschlagen um die Nervosität in den Griff zu bekommen. Ich ersetze die Nervosität durch mein klares Ziel.
Und last but not least, ein Ritual. Wer von Ihnen hat ein Ritual auf dem Platz? Speziell in schwierigen Situationen neigen wir dazu unseren Fokus wieder zu verlieren, was sich meist sehr negativ auf unser Spiel auswirkt. Ein Ritual hilft uns dabei uns immer wieder auf unser Ziel zu konzentrieren – speziell in schwierigen Situationen. Ein Ritual kann alles Mögliche sein, und sei es nur das Richten der Saiten auf dem Schläger. Es hilft, immer!
Kurz zusammengefasst, folgende drei Punkte sind Grundlage einer soliden, zielgerichteten Matchvorbereitung:
- Packen der Tennistasche mit allen wichtigen Materialien
- Entwickeln meines Matchplans (Was und Warum?)
- Entwickeln eines Rituals um den Fokus wiederzuerlangen
Mit etwas Übung dauert diese Matchvorbereitung nicht länger als 20 Minuten – 20 Minuten, die es jedem Tennisspieler wert sein sollten. Denn der Effekt ist größer als gedacht!
Fazit
Vorbereitung ist eine der wichtigsten Faktoren im Tennis, wie auch in vielen anderen Sportarten. Darüber hinaus benötigen wir Ziele um den Körper in den richtigen Anspannungszustand zu bringen, genau wie das Navigationssystem. Nicht nur im Sport, sondern auch im täglichen Leben spielt das „Wie“ eine viel zu große Rolle. Stattdessen sollten wir uns mehr dem „Was“ und dem „Warum“, also unseren eigenen Zielen widmen. Nur so kann ich jeden Tag und jedes Match effektiv nutzen. Nur wenn ich weiß, was ich erreichen will und warum ich genau dieses Ziel habe, kann ich mich auch dorthin führen lassen. Aber das Ziel ist der erste Schritt!
Abschließen möchte ich diesen Artikel mit einem Zitat, welches definitiv zum Nachdenken anregt:
„Du brauchst nicht den ganzen Weg zu sehen. Mach einfach den ersten Schritt!“
-Dr. Martin Luther King Jr.-