GRUNDHALTUNG, ABMACHUNGEN, EINSPIELEN
Erwin hat seine Tennistasche bereits vor fünf Minuten auf der Sitzbank deponiert, die Flasche mit seinem Spezialgemisch steht griffbereit in der dafür aufgestellten Box. Stretchen ist ein Ritual, welches er immer in der Garderobe absolviert. Nun tigert er in Gedanken versunken zwischen der Grund- und Aufschlaglinie, den Ball auf den Boden titschend, hin und her.“ Ich wusste es ja, Thomas ist nie pünktlich, es ist wie meine Frau schon sagte, rausgeschmissenes Geld. Die Platzmiete kostet Fr. 56.-, er kommt im Durchschnitt 10 Min. zu spät, bis man eingespielt ist, ist bereits 25 Min. nach, dann macht er immer so viele Aufschläge bis er endlich beginnt!“
Durch einen trockenen Knall der Hallentüre wird Erwin abrupt aus seinen Überlegungen gerissen. Mit gestochenem Schritt, sich mit Händen und Füssen entschuldigend, steuert Thomas auf die freie Sitzbank zu. Aus zwei Meter Distanz wirft er die Tasche auf die Bank. Während er seine Tennisschuhe bindet, verkündet er in einem überrissen freundlichen und grosszügigen Ton: „ Erwin, heute hast Du als erster Aufschlag, lass uns doch gleich beginnen, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren.“
Erwin ist in der Zwischenzeit auch beim Netz angelangt und hatte sich eigentlich fest vorgenommen:“ Heute sag ich’s, diese Warterei mach ich nicht mehr mit!“ Doch durch den Aufschlagvorteil, den ihm Thomas bis heute noch nie zugesprochen hatte, fliegt alles weg.
Während er sich zur Grundlinie begibt, die Zähne zusammenkneifend und den Tennisball so umklammernd, dass er sich die Fingernägel in die eigene Handfläche bohrt, schwört er sich, wenn ich ihn heute besiege, sag ich es ihm und dann, dann werde ich diese Fixstunde kündigen.
Welche Voraussetzungen haben sich Erwin und Thomas für Ihr Tennisspiel geschaffen? Mein Innerer Zustand bestimmt meine (äussere) Leistung.
Es bedarf keiner grossen Erklärung, wir alle wissen, dass wir nicht jeden Tag dieselben Leistungen erbringen können. Wir alle reiten auf dieser riesigen Welle hoch und tief und wieder hoch. Sobald wir von uns selbst ein bestimmtes Leistungsniveau, zu einem bestimmten Zeitpunkt, in einer bestimmten Regelmässigkeit abverlangen, beginnt die Arbeit.
Die Erwartungshaltung an meine heutige Leistung entscheidet über Frust oder Zufriedenheit.
Wenn ich pro Monat einmal Tennis spiele, ist das super. Also mache ich Schläge, wie jemand der einmal im Monat Tennis spielt – ich freue mich an den Ballwechseln von jemandem der einmal im Monat Tennis spielt – ich geniesse es, einmal pro Monat Tennis zu spielen und vergleiche mich nie mit jemandem, der dreimal die Woche Tennis spielt.
Wenn wir Erwartungen an uns stellen, die unser Körper gar nicht erfüllen kann (Mangels Erfahrungswerten), beginnt das Problem. Zufriedenheit ist etwas, das ich mir jetzt gerade zugestehen kann – oder nicht. Zufriedenheit hat nichts mit Spielniveau zu tun. Ob ein Einsteiger, den ersten Ball trifft, oder ein Wettkampfspieler, einen Topspin-Lob auf der Backhandseite auf die Linie setzt, das Gefühl „Zufriedenheit“ ist für beide dasselbe.
In welchem Zustand spiele ich mein bestes Tennis und wie kann ich diesen erreichen?
Unser Tipp:
Treffen Sie vor Spielbeginn einige Vereinbarungen mit sich.
Wie fühle ich mich heute?
Was will ich heute in meinem Tennis erreichen?
Ich erlaube mir 20 Fehler hinterein-ander, ohne gegen mich selbst zu motzen.
Jeden guten Schlag bestätige ich mir ganz bewusst.
Ich bin mein eigener Massstab und vergleiche mich nicht mit andern.
Ich gebe mir genügend Zeit, ins Spiel zu kommen.
Sinn und Zweck der Abmachungen
Bewusstes „abholen“ von Körper und Geist.
Ich nehme mich an, wie ich heute bin.
Ich bewerte nicht, sondern beobachte.
Aufbau einer entspannten Konzentration.
Grundsatzfrage
Was bedeutet für mich Tennisspielen?
Der gute Kontakt zu sich selbst, ist nicht ein Problem das einfach gelöst werden kann,
sondern ist eine Sache die immer wieder neu gefunden und erarbeitet werden muss.